Mit Rot-Rot-Grün kommt kein progressives Reformbündnis,
sondern es droht ein gefährlicher Pyrrhussieg
Kommt Rot-Rot-Grün, oder kommt Rot-Rot-Grün nicht? Galt das Projekt Anfang des Jahres noch als politisch so gut wie tot, wachsen seit Frühlingsbeginn dank »Schulz-Effekt« mit den ersten Blättern auch die Umfragewerte der Sozialdemokratie und sorgen für frischen Wind in den Segeln der »R2G«-Begeisterten. Aber viel schlauer ist man auch nach der Saarland-Wahl nicht. Hin- und hergeworfen zwischen Schreckensbildern – »Rot-Rot-Grün gefährdet die Sicherheit der Bevölkerung!« (Volker Kauder) – und Euphorie angesichts des kommenden »Bündnisses aller progressiven Kräfte« (Sigmar Gabriel) schlingert die veröffentlichte Meinung weiter in Richtung Bundestagswahl.
Noch lässt sich also nicht sagen, ob die Zeichen der Annäherung – die Grünen tun so, als würden sie für eine »Vermögenssteuer« eintreten, Die-Linke-Fraktionschef Bartsch will »endlich Deutschland nach vorne bringen«, und Martin Schulz »entschrödert« (Spiegel Online) angeblich die Sozialdemokratie – vergeblich gesendet werden. Aber so einfach werden die Realos in der Linken und ihre karrierebewussten Kolleginnen und Kollegen auf den linken Flügeln von SPD und Grünen ihre Hoffnungen nicht aufgeben. Die Option »R2G« ist schon deshalb keineswegs vom Tisch. Hinzu kommt: Bekäme die Linke größeren Zuspruch, wäre ihre Neutralisierung als ernstzunehmende antikapitalistische Opposition für die Profiteure des gegenwärtigen Krisenkapitalismus überlebenswichtig. Die Integration in eine Regierungskoalition wäre dafür ein probates Mittel.
Die große Integration
Außerhalb der Parlamentarierbüros bemüht sich eine Vielzahl von Denkfabriken, Initiativen und Bündnissen schon länger darum, Spielräume für das rot-rot-grüne »Crossover« auszuloten und es als »linke Regierung in Deutschland, die einen Unterschied macht« zu verkaufen. Das eigens zur Vernetzung der potentiellen Koalitionäre gegründete Institut Solidarische Moderne (ISM) entfaltet zu diesem Zweck seine Vision vom »mosaiklinken« Bündnis als »Projekt der gesellschaftlichen Linken und der solidarischen Milieus«. Die Rosa Luxemburg Stiftung (RLS), eine der wichtigsten Geldquellen linker Politik hierzulande, und die Tageszeitung Neues Deutschland, mittlerweile vollends zum Verlautbarungsorgan des rechten Parteiflügels umgemodelt, tun das Ihre: Nicht wenige Köpfe etwa der Interventionistischen Linken (IL) – eine der einflussreichsten APO-Organisation der deutschsprachigen Linken – stehen auf ihren Gehaltslisten, sind politisch wie ökonomisch von ihren Netzwerken abhängig und dienen objektiv der Integration des linksradikalen Milieus ins Regierungsprojekt der Linkspartei. Nicht anders steht es um den »antinationalen« Zwilling der IL, das UmsGanze-Bündnis um Gruppen wie TOP B3rlin.
Thüringen, Berlin und Brandenburg – ein Vorgeschmack
»Wer wissen will, wie Rot-Rot-Grün im Bund funktionieren würde, muss nur nach Berlin schauen«, so beschrieb der Rechtsaußen unter den Spiegel-Online-Kolumnisten, Jan Fleischhauer, jüngst, wo sich etwas über die vermeintlich »linke Zukunft« lernen lässt. Er liegt damit richtig und falsch zugleich. Selbstverständlich ist die erste rot-rot-grüne Koalition unter Führung der SPD in Berlin ein Modell für den Bund. Falsch ist jedoch Fleischhauers Bewertung des Hauptstadtbündnisses. Eine Gefahr für »die öffentliche Ordnung« zu sein, wie er meint – davon ist es weit entfernt. Die Regierungsprojekte unter Einschluss der Linkspartei erwiesen sich im Gegenteil als Garanten der öffentlichen Ordnung.
In Berlin stimmte die PDS/Die Linke in den Nuller-Jahren 35.000 Entlassungen im öffentlichen Dienst ebenso zu wie der Privatisierung städtischer Unternehmen, und in Thüringen bekennt sich Rot-Rot-Grün wie im roten Rathaus zur Schuldenbremse – dem Instrument neoliberaler Haushalts- und Finanzpolitik. Auf anderen Politikfeldern sieht es nicht besser aus. In Brandenburg beendete Rot-Rot die grün-sozialdemokratischen Träumereien von einem »sozial-ökologischen Umbau«, als 2014 die Fortsetzung und Ausweitung des regionalen Braunkohletagebaus beschlossen wurde. Abschiebungen setzt die Linke gemeinsam mit der SPD und den Grünen in wechselnden Konstellationen ebenso durch wie Bundeswehrbesuche an Schulen und in Jobcentern. In Berlin blieb der Stadtsoziologe und Kritiker neoliberaler Mietpolitik Andrej Holm keine sechs Wochen Staatssekretär für Wohnen, bevor »R2G« ihn auf Druck der Berliner Immobilienhaie und deren politischen Alliierten entsorgte. Die Causa Holm ist zudem ein Beleg für die konformistische Vergangenheitspolitik der Linkspartei. In Erfurt verteufelt sie die DDR als »Unrechtsstaat«, während Landespapst Bodo Ramelow (Die Linke) sogar die Bespitzelung seiner eigenen Parteigenossen durch den Verfassungsschutz toleriert.
»… diese Koalitionsmöglichkeit nicht unmöglich machen«
Die landespolitischen Vorreiter und die programmatischen Debatten in den Parteien lassen es erahnen: Kämen Rot, Rot und Grün gemeinsam in »Regierungsverantwortung«, würden die Schwergewichte auf der Agenda einer wirklich besseren Zukunft – soziale Frage, Ökologie und Antimilitarismus – unter dem Deckmantel reformerischer Kosmetik dem parteipolitischen Karrierismus und Pragmatismus geopfert.
Die Linke hat inzwischen gute Seiten am Hartz-IV-Regime entdeckt, die Grünen reden von einer Vermögenssteuer »für Superreiche« (die jedoch kaum Steuern auf kaum ein Vermögen bedeuten würden und für die SPD ohnehin schon wieder vom Tisch ist), statt gesetzlicher Erhöhung des Mindestlohns geht es um die Abschaffung von Ausnahmen, und die private Altersvorsorge soll vorerst nur neben die gesetzliche treten. Das alles riecht deutlich mehr nach Make-up für fortgesetzten Sozialabbau als nach »progressivem Reformbündnis«. Und das gilt nicht nur für die Sozialpolitik. »Energierevolution statt grüner Kapitalismus«, tönte Die Linke im Thüringer Wahlkampf. Sie wolle die Energieproduktion verstaatlichen, um diese der »Kapitalmarktlogik« zu entziehen. Wie Die Linke diese am Gemeinwohl orientierte Energieproduktion durchsetzt, ohne dabei in den offenen Konflikt mit der kapitalistischen Wachstumslogik und den Energiekonzernen zu treten, zeigt der Erfurter Koalitionsvertrag – darin findet sich kein Wort zur angekündigten ökosozialistischen Offensive. Ähnlich »aussichtsreich« liegen die Dinge bei der Frage nach Krieg oder Frieden: »Ohne Vorbehalte« müsse Die Linke »akzeptieren, dass jede Bundesregierung der internationalen Verantwortung Deutschlands etwa im Rahmen der NATO jederzeit gerecht werden muss«, gab SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann der Linken mit auf den Weg. Bodo Ramelow, Gewehr bei Fuß, rät seiner Partei dann auch, »an der NATO-Frage diese Koalitionsmöglichkeit nicht unmöglich zu machen«. Schließlich heiße das ja nicht, »dass wir begeisterte NATO-Anhänger werden müssen«.
»R2G« – sonst AfD!
Für diejenigen, denen angesichts solch ernüchternder Aussichten Zweifel am Wert des »linken Reformprojekts« aufkommen, haben die »R2G«-Ideologen aber noch einen treffsicheren Pfeil im Köcher: Sollte Rot-Rot-Grün scheitern, gewännen nur die AfD und der »Trumpismus«. Wer also jetzt nicht mitmacht, der muss sich für das Schlimmste verantworten – eine schwarz-gelbe Regierung mit starker AfD im Bundestag. »Die effektivste Regierung gegen den Rechtsruck: Eine linke Regierung!«, denn »ohne das Angebot einer linken Alternative werden viele der auch sozial verängstigten AfD-Wähler weiter den Rechtspopulisten auf den Leim gehen«. »Gemeinsam Aufstehen gegen Rassismus« – so lautet die Mär vom kleineren Übel.
Gesellschaft ohne Opposition
Das Problem dabei: Ein »linkes« rot-rot-grünes Lager gibt es in der bundesdeutschen Politiklandschaft gar nicht. SPD und Grüne stehen nicht in Opposition zum Status Quo der Kriegs- und Antisozialpolitik – sie haben diesen Konsens nach 1998 neu Erfunden. Bietet sich ihnen Die Linke als Regierungspartner an, ist sie auf bestem Wege, für das damals ins Werk gesetzte neoliberale Projekt zur Restaurierung der Klassenherrschaft als »linkes« Feigenblatt zu dienen. Dass dafür der linke Parteiflügel noch kaltgestellt werden müsste, liegt auf der Hand. Wie das geht, führen die Parteirealos eindrucksvoll vor, wenn sie Sahra Wagenknechts angeblich AfD-konforme Forderungen zur Flüchtlingspolitik scheinbar von links kritisieren, zur Abschiebepraxis der Parteirechten in Thüringen aber beredt schweigen. So betreiben sie die Geschäfte der Bourgeoisie, die schon immer auf Neutralisierung der Opposition durch Integration gesetzt hat, wenn ihr terroristische Methoden der Unterdrückung nicht opportun oder geboten scheinen.
Vielleicht würden unter »R2G« die deutschen imperialistischen Interessen vorerst subtiler verfolgt, könnten Hartz-IV-Bezieher mit etwas milderen Sanktionen rechnen, könnte die gesetzliche Rente etwas langsamer an die Finanzindustrie verhökert werden, hätte der »Green New Deal« ein paar mehr regierende Fürsprecher – solange nichts von alledem dem »Wirtschaftsstandort Deutschland« schadet. Auch das »Aufstehen gegen Rassismus« fände in Regierungskreisen allgemeinen Anklang, solange nur den gesellschaftlichen Ursachen der Rechtsentwicklung nicht auf den Grund gegangen wird. Mit dem beschworenen »linken Politikwechsel« hat all das wenig zu tun – umso mehr aber mit der Paralyse echter Opposition.
Die beschworene Verhinderung eines weiteren Aufstieges der AfD mittels Regierungsbeteiligung könnte sich vor dem Hintergrund kläglicher Sozialkosmetik und fortgesetzter NATO-Politik als kurzfristiger und folgenreicher Pyrrhussieg erweisen. Das freiwillige Einstimmen der Linkspartei in den elitär-neoliberalen und imperialistischen Parteienkanon – sei es nun aus Karrierismus oder aus hoffnungsloser Selbstüberschätzung –, der für »die da unten« einen Schlag ins Gesicht nach dem anderen bereithält, hinterließe auf der Oppositionsbank ein Vakuum. Darauf, diese Leerstelle auszufüllen und sich nicht nur als parlamentarische, sondern als einzige gesellschaftliche Opposition an der Seite der Abgehängten, Protestwähler und NATO-Kritiker zu inszenieren, wartet die AfD nur. Alexander Gauland und seine Parteigenossen könnten dann konkurrenzlos um diejenigen buhlen, »auf deren Rücken das System fortschreitet – das heißt gerade die Klassen, deren Existenz einmal die Opposition gegen das System als Ganzes verkörperte« (Marcuse) und die nun enttäuscht feststellen, dass links kaum noch jemand steht, der gegen die Missstände der neoliberal radikalisierten kapitalistischen Gesellschaft kämpft.
Zu einer derartigen Gesellschaft ohne Opposition leistet die außerparlamentarische Linke einen gewichtigen Beitrag, wenn sie Die Linke in ihrem Regierungsvorhaben unterstützt und sich mit ihr in die »heilige Phalanx der Ordnung« (Marx) begibt. Die Mittel, die Rosa Luxemburg der Sozialdemokratie ihrer Zeit schon vor hundert Jahren empfahl – »rückhaltlose Kritik der Regierungspolitik« und Organisation der gesellschaftlichen Opposition innerhalb wie außerhalb der Parlamente –, sind bis heute die richtigen Mittel gegen neoliberalen Klassenkampf und AfD.
5. April 2017,
Assoziation Dämmerung
Am 10. Januar 2016 fanden sich in Berlin rund 14.000 Personen zusammen, um an der Luxemburg-Liebknecht-Demonstration zum Friedhof der Sozialisten teilzunehmen. Wie jedes Jahr versammelten sich marxistische Linke aus dem gesamten Bundesgebiet, um den KommunistInnen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht zu gedenken, die auf Befehl des Sozialdemokraten Gustav Noske 1919 ermordet worden waren. In der Tradition der beiden Mitbegründer der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) ergriffen die DemonstrantInnen, unter denen sich auch zahlreiche Menschen aus anderen europäischen Staaten befanden, lautstark mit klassenkämpferischen Parolen Partei gegen Krieg und Militarismus.
Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gehörten beide dem revolutionären Flügel der deutschen Linken an. Sie kämpften konsequent gegen die herrschende Klasse, gegen Militarismus und Imperialismus und verweigerten der Sozialdemokratie die Gefolgschaft, als sie den Schulterschluss mit dem Kapital suchte.
In Zeiten, in denen die Bundesregierung wieder unverhohlen auf den Schlachtfeldern der Welt mitmischt, SPD-SozialdemokratInnen in der Ukraine FaschistInnen unterstützen sowie unverbrüchlich an der Sozialpartnerschaft mit den KapitalistInnen festhalten und die deutsche Linke mehrheitlich zu Krieg und Klassenherrschaft schweigt, ist es dringlicher denn je, für die Positionen einzutreten, für die Luxemburg und Liebknecht bis heute stehen.
Wir nahmen allerdings nicht nur aus diesem Grund gemeinsam mit unseren GenossInnen der Tierrechtsgruppe Zürich und anderen GenossInnen, die heute für die Befreiung der Menschen und Tiere streiten, an der Gedenkdemonstration teil. Mit einem eigenen Transparent, Fahnen und einem Flugblatt, das wir nachfolgend dokumentieren, machten wir darauf aufmerksam, dass Rosa Luxemburgs Solidarität allen Verdammten dieser Erde gegolten hat – auch den Tieren. Luxemburg hat erahnt, was heute ersichtlich ist: dass die gemeinsame Ursache für die Ausbeutung von Mensch, Natur und Tieren, für Krieg und Militarismus der Kapitalismus ist.
Januar 2016,
Assoziation Dämmerung
»Rücksichtsloseste revolutionäre Tatkraft und weitherzigste Menschlichkeit, dies allein ist der wahre Odem des Sozialismus. Eine Welt muß umgestürzt werden, aber jede Träne, die geflossen ist, obwohl sie abgewischt werden konnte, ist eine Anklage; und ein zu wichtigem Tun eilender Mensch, der aus roher Unachtsamkeit einen Wurm zertritt, begeht ein Verbrechen.«
– Rosa Luxemburg
Der Name Rosa Luxemburg steht für Positionen, die heute so notwendig sind wie lange nicht: Gegen faule Kompromisse mit der Bourgeoisie, für eine konsequent antiimperialistische Friedenspolitik und Vereinigung aller Kommunistinnen und Kommunisten. Ihre Standpunkte sind jedoch auch untrennbar mit dem verbunden, was Luxemburgs »weitherzigste Menschlichkeit« antrieb: Eine tiefe und unverbrüchliche Solidarität mit den Leidenden, die auch die Tiere einschloss.
AUSGEBEUTET UND GETÖTET FÜR PROFITE
Anders als Rosa Luxemburg kennt der Kapitalismus Tiere bloß als Produktionsmittel für Milch oder Fleisch und als Arbeits- und Gebrauchsgegenstände. Allein in Deutschland wurden 2014 rund 59 Millionen Schweine, 3,5 Mio. Rinder und knapp 990.000 Schafe für die Profite der Fleischindustrie gezüchtet, unter schrecklichen Bedingungen gehalten und geschlachtet. In Zoos und Zirkussen müssen Tiere zur Belustigung herhalten, die Bekleidungsindustrie tötet sie für die Leder- und Pelzproduktion. Weitere Millionen werden in Tierversuchen gnadenlos verheizt, als Sportgeräte und von der Unterhaltungsindustrie missbraucht. All das, obwohl hinlänglich bekannt ist, dass Tiere leidensfähige Individuen sind.
Vermeintlich »grüner« Konsum liegt zwar im Trend, dennoch steigt der Verbrauch von Lebensmitteln tierischer Herkunft weiter an – eine objektiv irrationale Entwicklung: Es werden in einem untragbaren Maß Ressourcen verschwendet, Tropenwälder und Böden zerstört, die Luft verpestet und das Grundwasser vergiftet. Die Fleischindustrie ist einer der Hauptverursacher des Klimawandels.
VERWERTUNG VON ARBEITSKRAFT, TIEREN UND NATUR
All das passiert nicht, weil »die Menschen« bloß moralisch falsch über »die Tiere« denken, sondern weil an deren Verwertung handfeste ökonomische Interessen bestehen: Der deutsche Fleischmarkt sichert wenigen Oligopolisten wie Tönnies, Westfleisch oder Vion Milliardenprofite. Intensive Lobbyarbeit und ausgeklügelte Werbestrategien sorgen für die ideologische Verschleierung des mörderischen Geschäfts.
Die Profitgier der Fleisch-Magnaten vernichtet nicht nur Tiere und ruiniert die Natur. Die Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen sind prekär, die vorwiegend migrantischen Arbeiterinnen und Arbeiter schuften für skandalöse Hungerlöhne. Leiharbeit und befristete Verträge sind die Regel, gewerkschaftliche Organisation wird unterdrückt. In der Fleischindustrie wird die Herrschaft des Kapitals über Tier, Natur und Mensch besonders deutlich: Sie alle sind nur noch Bestandteile der Kapitalverwertung und werden ohne Rücksicht auf Verluste vernutzt.
Die Ausbeutung von Arbeitskraft, Tieren und der Natur steht im Zentrum der Klassenfrage. Die industrielle Tierausbeutung gehört zu den zentralen Problemen. Klassenkampf muss im Interesse aller organisiert werden, die unter der Herrschaft des Kapitals zu leiden haben. Er ist unvollständig, wenn er nicht die Forderung eines fundamentalen Wandels im Verhältnis der Gesellschaft zu den Tieren beinhaltet.
REVOLUTIONÄRE MORAL
Doch selbst unter vermeintlich aufgeklärten Genossinnen und Genossen gilt die Forderung nach der Befreiung der Tiere oft als kleinbürgerlicher Moralismus, als sentimentaler Fimmel von Kostverächtern, die sich lieber ernsteren Problemen zuwenden sollten. Die Ignoranz gegenüber dem Leid der Tiere ist jedoch ein Relikt des bürgerlichen Idealismus und zutiefst antimarxistisch.
Wer Marx‘ und Engels Erkenntnisse des historischen Materialismus ernst nimmt, muss realisieren, dass Mensch und Tier eine gemeinsame Geschichte haben und die individuelle Existenz jedes Menschen und jedes Tieres an einen quälbaren Körper gebunden ist. Der erste Antrieb revolutionären Handelns sind nicht theoretische Einsichten oder kritische Gesellschaftsanalysen, sondern ein solidarischer Impuls, der dazu drängt, erfahrenes Leid abschaffen zu wollen. Dass es zwischen Menschen und Tieren dennoch gravierende Unterschiede gibt, ist nicht zu leugnen. Es gibt aber kein historisch-materialistisches Argument dafür, das Leid der Tiere nicht ebenso abzuschaffen wie unser eigenes. Kommunistinnen und Kommunisten darf keine von Naturentfremdung oder sozialdarwinistischen Prinzipien geleitete bürgerliche, sondern sie muss eine revolutionäre Moral antreiben – und es gibt keinen vernünftigen Grund, die Tiere von dieser auszuschließen. So dachte und handelte auch Rosa Luxemburg, derer wir heute gedenken.
AUSBEUTER ENTEIGNEN! KAPITALISMUS ABSCHAFFEN!
Die gegenwärtige politische Entwicklung drängt zu Klarheit und Einheit der antikapitalistischen Kräfte. Die revolutionäre Moral Rosa Luxemburgs muss die Grundlage einer solchen Verständigung und Zusammenarbeit sein. Auf der Jagd nach Profiten verheizt die Bourgeoisie Arbeiter, Natur und Tiere. Die Arbeiter-, die Ökologie- und die Tierbefreiungsbewegung müssen gemeinsam kämpfen – sie haben denselben Gegner.
Wir müssen den Imperialismus daran hindern, die Welt erneut in ein gigantisches Schlachtfeld und Massengrab zu verwandeln. Ebenso müssen wir die Schlachthäuser beseitigen, in denen Tag für Tag Millionen leidensfähiger Individuen umgebracht und zur Ware verdinglicht werden.
Marxistinnen und Marxisten für die Befreiung der Tiere
Kontakt:
Assoziation Dämmerung
assoziation-daemmerung.de
Tierrechtsgruppe Zürich
tierrechtsgruppe-zh.ch
Rund 550 Personen haben sich am vergangenen Samstag (20. Juni 2015) an der Demonstration „Tierversuche abschaffen – LPT Schliessen!“ gegen das LPT-Tierversuchslabor in Hamburg-Neugraben beteiligt. Die Demonstration fand im Rahmen der Kampagne „LPT-Schließen“ statt und war bereits die dritte Großdemonstration gegen das Labor. Sie hat zwar nicht mehr TeilnehmerInnen als die vorigen Großdemonstrationen mobilisieren können, angesichts der überwiegend positiven Berichterstattung und der überregionalen Beteiligung kann sie aber dennoch als Erfolg gewertet werden. Neben AktivistInnen der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung aus dem ganzen Bundesgebiet haben auch Linke anderer Strömungen und AnwohnerInnen teilgenommen. Der Demonstrationszug war gut organisiert, lautstark und hat klar Stellung gegen jede Form von Tierausbeutung bezogen.
Auch wir haben an der Demonstration teilgenommen und ein Flugblatt verteilt, in dem wir die Befreiung der Tiere als Klassenfrage kenntlich machen, und das wir nachfolgend dokumentieren. Dass mehr und mehr GenossInnen der Tierbefreiungsbewegung den Zusammenhang von Tierausbeutung und Kapitalismus diskutieren, ist zwar eine erfreuliche Entwicklung. Es ist aber keine abstrakte „kapitalistische Logik“ oder eine nebulöse „Profitmaschinerie“, die millionenfach Tiere umbringen und ausbeuten lässt – sondern es sind jene Teile der Bourgeoisie, die sich entschieden haben, in der Tiermordindustrie ihr Geld zu verdienen, und die sich in UnternehmerInnenverbänden und Lobbygruppen organisieren, um ihr Geschäft aufrecht zu erhalten, auszubauen und propagandistisch zu legitimieren. „Kein Vergeben, kein Vergessen – Mörder haben Namen und Adressen“, lautet eine beliebte Parole der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung – wollen wir den Profiteurinnen und Profiteuren der Tierausbeutung endgültig das Handwerk legen, gilt es, die richtige Erkenntnis, die darin steckt, marxistisch zu unterfüttern.
Juni 2015,
Assoziation Dämmerung
Tier-Kapital enteignen! Kapitalismus abschaffen!
Immer wieder gehen Tierrechtler- und TierbefreierInnen wegen des unermesslichen Leidens und des millionenfachen Tötens von Tieren auf die Straße. Sie demonstrieren gegen Tiertransporte, Versuchslabore und Schlachthäuser. Ihnen gegenüber stehen einige große und eine etwas größere Zahl von KleinkapitalistInnen. Sie sind die EigentümerInnen der Tierversuchs-, Bekleidungs-, Fleisch-, Milch- und anderer Konzerne, in denen Tiere zu Waren verarbeitet werden. Sie lassen eine Schar ausgebeuteter, von ihrer Arbeit und Umwelt entfremdeter LohnarbeiterInnen das schmutzige Geschäft verrichten. Auf Kosten der Tiere und der ArbeiterInnen streichen sie riesige Profite ein.
Das Problem heißt Kapitalismus
Die Ausbeutung und Unterdrückung der Tiere und der ArbeiterInnen durch die herrschende Klasse geht in unserer gegenwärtigen kapitalistischen Gesellschaft Hand in Hand und geschieht zum selben Zweck. Während die einen für Hungerlöhne und unter miesen Bedingungen für ihre notdürftige Existenz schuften, geht es den Tieren, häufig nach Jahren der Tortur, ans Leben. Von beidem profitiert eine überschaubare Clique KapitalistInnen, die sich einzelne Industriezweige unter den Negal gerissen haben. Dass dieselben Bosse und deren politische Lobbygruppen ihr Interesse an Ausbeutung und Herrschaft in der Zivilgesellschaft und im Staat rechtfertigen und verschleiern, liegt auf der Hand: Die ArbeiterInnen sollten froh sein, dass sie Arbeit haben. Und die Tiere seien eben Tiere, eine andere Spezies, mit denen man zur Gesundheit, zum Wohlbefinden und zum Entertainment der Menschen alles machen könne.
Tier-Kapital enteignen! Konversion jetzt!
Man kann zwar von einzelnen Unternehmen Zugeständnisse, wie etwa den Ausstieg aus dem Pelzhandel, erkämpfen. Diese Erfolge bleiben aber Pyrrhussiege, wenn nicht das kapitalistische Gesellschaftssystem insgesamt abgeschafft wird. Solange der Einsatz von Tieren als Produktionsmittel, ihre Nutzung und ihre Verarbeitung zu Waren ein gewinnbringendes Geschäft bleibt, wird das Tier-Kapital an Fleischproduktion, Tierversuchen und Tiertransporten festhalten. Zumal z.B. für die Fleisch- oder Tierversuchsindustrie der Ausstieg aus dem Folter- und Mordhandwerk gleichbedeutend mit dem unmittelbaren Ruin ist.
Um die KapitalistInnen der Tierindustrie in die Knie zu zwingen, können gezielte Kampagnen gegen einzelne Unternehmen sinnvolle Instrumente sein. Aber um der Tierausbeutung ein Ende zu setzen, ist mehr von Nöten! Die Tierbefreiungsbewegung muss für die Enteignung des Tier-Kapitals stehen. Nur wenn die gesellschaftliche Kontrolle über die Produktionsmittel erkämpft wird, können die Tierausbeutungsbetriebe einer Konversion zu gesellschaftlich nützlicher Produktion unterzogen werden
Für den Klassenkampf von unten! Kapitalismus abschaffen!
Die Enteignung des Tier-Kapitals ist nicht machbar, ohne dass gleichzeitig auch den anderen Kapitalfraktionen die Existenzfrage gestellt wird. Dies kann nur eine breite, antikapitalistische Bewegung, die das Interesse verfolgt, die politische Ökonomie der kapitalistischen Gesellschaft zu revolutionieren. Die Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung muss daher als ein Teil dieser Bewegung den Klassenkampf von unten aufnehmen – für die Befreiung von Mensch und Tier!
Im Rahmen der europaweiten Blockupy-Aktionstage vom 15. bis zum 25. Mai 2014 finden in Hamburg, Berlin, Stuttgart und Frankfurt a.M. am 17. Mai 2014 vier Demonstrationen statt. Bundesweit beteiligen sich zahlreiche Tierbefreiungs- und Tierrechtsorganisationen an den Aktionen.
In der Hansestadt ruft das lokale Blockupy-Bündnis dazu auf, unter dem Motto „Hafencity entern! Elbphilharmonie besichtigen!“ auf die Straße zu gehen und zum Symbol der Kapital orientierten, größenwahnsinnigen Stadtpolitik des Senats zu ziehen. Wir beteiligen uns gemeinsam mit dem „Tierbefreiung goes Blockupy-Bündnis Hamburg“ an den Protesten. Im Zuge dessen möchten wir darauf hinweisen, dass die Politik der BRD und der Europäischen Union sowie die deutschen Konzerne nicht nur für die gegenwärtige Krise verantwortlich sind, sondern auch dafür, dass für die Profite der Konzerne neben den Kolleginnen und Kollegen auch Tiere ausgebeutet werden. Wir dokumentieren dazu das Flugblatt des Hamburger „Tierbefreiung goes Blockupy-Bündnisses“.